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27. JULI 2023

Kündigungsfrist in der Schweiz: Einfach erklärt

Beim Wort «Kündigung» hat wohl jeder Leser eine eigene Assoziation. Während Arbeitgeber vielleicht an nötige, aber unangenehme Entscheidungen denken, verbinden Arbeitnehmende den Begriff eventuell mit Panik oder Unsicherheit. Mancher vielleicht aber auch mit Chance und Neuanfang. Egal, ob nun positiv oder negativ – per Gesetz ist dank der Kündigungsfrist festgehalten, dass bei einem Beenden des Arbeitsverhältnisses beide Parteien ausreichend Zeit haben, sich auf die neuen Umstände vorzubereiten. Das Schweizer OR (Obligationenrecht) regelt die Kündigungsfristen sowie die Anwendung dieser in Ausnahmefällen oder wenn diese ausgesetzt werden müssen. In diesem Beitrag gehen wir auf die gesetzlichen Vorschriften ein und klären zudem die wichtigsten Fragen für Kleinunternehmer.

In diesem Beitrag

ℹ️ Was ist eine Kündigungsfrist?

Die Kündigungsfrist (OR Art. 335ff.) beschreibt die gesetzlich oder vertraglich vereinbarte Zeitspanne, vom Aussprechen bis zum tatsächlichen Ende einer vertraglichen Zusammenarbeit. Die Kündigungsfrist schützt beide Parteien vor unerwartetem Ausfall (Arbeitgeber = Arbeitskraft und Arbeitnehmender = Lohn) und ist für für beide zwingend identisch.

Die genaue Dauer der Kündigungsfrist kann variieren und wird dann entsprechend im Arbeitsvertrag festgehalten. Ist keine spezifische Kündigungsfrist vereinbart, gelten die gesetzlichen Fristen.

Eine Kündigung muss per Gesetz nicht schriftlich erfolgen. Eine schriftliche Begründung braucht es dann, wenn der Gekündigte dies ausdrücklich verlangt oder dies explizit im Arbeitsvertrag festgehalten ist. Das Schreiben hilft der jeweils anderen Partei zu verstehen, warum eine Kündigung ausgesprochen wurde. In der Regel wird eine schriftliche Kündigung bevorzugt und entsprechend im Arbeitsvertrag festgehalten, um zum Beispiel einen Nachweis für die fristgerechte Kündigung sowie für die Anmeldung des Arbeitslosengeldes zu haben.

Vorteile der gesetzlichen Kündigungsfrist

Wie bereits erwähnt, ist die Kündigungsfrist für beide Parteien von Vorteil, da sie entweder vor plötzlichen Lohn- oder Arbeitskraftausfall schützt.

Die Kündigungsfrist verlängert das tatsächliche Ende der Zusammenarbeit. So haben Arbeitgebende ausreichend Zeit, einen Ersatz zu finden und stehen nicht vor einem plötzlichen Mitarbeiterausfall. Ebenso hat der Arbeitnehmende die Möglichkeit, sich nach einer neuen Stelle umzuschauen und sieht sich mit keinem plötzlichen Lohnausfall konfrontiert.

Kündigungsfrist bei einem befristeten Arbeitsvertrag

Bei einem befristeten Arbeitsvertrag ist für beide Seiten bereits bei Abschluss klar, dass die Zusammenarbeit nach Ablauf der vereinbarten Dauer ausläuft (OR Art. 334). In diesem Fall benötigt es weder eine mündliche noch schriftliche Kündigung.

Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Frist stillschweigend fortgeführt, bedeutet das, dass die Zusammenarbeit nun in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt wurde. Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Frist stillschweigend fortgeführt, bedeutet das, dass die Zusammenarbeit nun in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt wurde. In diesem Fall ist es ratsam, einen neuen, unbefristeten Vertrag abzuschliessen oder den bestehenden Vertrag durch eine Zusatzvereinbarung zu ergänzen. In beiden Fällen muss das neue Dokument von beiden Parteien unterschrieben und damit akzeptiert werden.

Ist nichts anderes vereinbart, kann das befristete Arbeitsverhältnis nur aus wichtigen Gründen oder einvernehmlich vorzeitig beendet werden. Andernfalls müsste im Vertrag eine Kündigungsfrist vereinbart werden.

Ein Beispiel

Julius Meyer hat am 01.03.2023 sein befristetes Arbeitsverhältnis in der Maurer AG aufgenommen. Vertraglich ist die Dauer auf sechs Monate (also bis zum 31. August 2023) limitiert. Die Zusammenarbeit endet damit nach Ablauf der Dauer automatisch und bedarf keiner Kündigung.

Abb.: Befristete Arbeitsverträge werden oft bei Saisonarbeiten (wie z. B. der Traubenlese) angewendet.
Abb.: Befristete Arbeitsverträge werden oft bei Saisonarbeiten (wie z. B. der Traubenlese) angewendet.

Kündigungsfrist bei einem unbefristeten Arbeitsvertrag

Wird ein Arbeitsvertrag ohne befristete Dauer geschlossen, handelt es sich um einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Das Obligationenrecht regelt hierfür je nach Dienstjahr unterschiedliche Kündigungsfristen von einem bis zu drei Monaten. Diese obligatorischen Kündigungsfristenk önnen individuell angepasst und beispielsweise im Personalreglement eines Unternehmens festgehalten werden. Der einmonatige Kündigungsschutz darf maximal im ersten Dienstjahr heruntergesetzt werden.

Vertragsdauer

Gesetzliche Kündigungsfrist

1. Dienstjahr

1 Monat auf ein Monatsende

1. – 9. Dienstjahr

2 Monate auf ein Monatsende

ab dem 10 Dienstjahr

3 Monate auf ein Monatsende


Quelle: OR Art. 335ff.

Wichtig ist, dass eine Kündigung erst dann wirksam wird, sobald das Gegenüber diese erhalten hat. Ist Ihr Arbeitgeber beispielsweise in den Ferien, wenn Sie Ihre Kündigung aussprechen möchten, wird diese erst wirksam, sobald er Ihr Schreiben nach seiner Rückkehr erhalten hat. Unter Umständen kann sich dies dann auf den Zeitpunkt des letzten Arbeitstages auswirken.

Ein Beispiel:

Frau Müller teilt Ihre Kündigung am 30.3.2024 mit. Da ihr Vorgesetzter in den Ferien ist, empfängt dieser die Kündigung erst am 05.04.2024. Damit beginnt die Kündigungsfrist erst jetzt an zu laufen. Bei einer Kündigungsfrist von drei Monaten und wenn nur Ende Monat gekündigt werden kann, verschiebt sich somit das Ende des Arbeitsverhältnisses vom 30.06.2024 auf den 31.07.2024.

Individuelle Kündigungsfrist

Je nach Anstellungsart und Position macht es Sinn, eine längere Kündigungsfrist festzuhalten. Somit schützt sich das Unternehmen vor einem unerwarteten Wegfall einer Kraft, die zum Beispiel strategisch wertvollen Einfluss hat oder die Position aufgrund ihrer Seltenheit eine längere Zeit in Anspruch nimmt, bis sie wiederbesetzt werden kann.

Abb.: Nehmen Sie sich Zeit und sprechen Sie mit Ihrem Mitarbeitenden ausführlich, um die Kündigung zu erklären.
Abb.: Nehmen Sie sich Zeit und sprechen Sie mit Ihrem Mitarbeitenden ausführlich, um die Kündigung zu erklären.

Welche Kündigungsfrist gilt in der Probezeit?

In der Probezeit kann von beiden Seiten innerhalb einer Frist von sieben Tagen gekündigt werden. Besonders ist, dass in der Probezeit jeder Tag für eine wirksame Kündigung gültig ist. Die Probezeit liegt in der Schweiz grundsätzlich bei einem Monat. Diese kann jedoch vom Arbeitgeber auf bis zu drei Monate ausgedehnt werden, solange die längere Kündigungsfrist schriftlich vereinbart wurde.

Ein Beispiel

Wenn beispielsweise der Arbeitnehmer Hans Suri am fünften Tag seiner Probezeit kündigt, endet das Arbeitsverhältnis sieben Tage darauf.

In welchen Fällen kommt es zu einer Verlängerung, Sperre oder Aussetzen der Kündigungsfrist?

Unter gewissen Umständen, auf die wir in diesem Abschnitt im Detail eingehen, kann es zu einer Verlängerung beziehungsweise Aussetzung der Kündigungsfrist kommen. Wir klären Sie als Arbeitgeber auf.

Fall 1: Unfall

Fällt Ihr Mitarbeitender aktuell aufgrund eines Unfalls aus, gilt eine sogenannte Sperrfrist. Das bedeutet, dass Ihr Mitarbeitender geschützt ist und Sie während einer gewissen Zeitspanne keine Kündigung aussprechen dürfen.

Allerdings: Wurde dem Arbeitnehmenden bereits vorher gekündigt, steht die Kündigungsfrist für die entsprechende Zeitspanne still.


Dienstjahr

Sperrfrist bei Unfall

1. Dienstjahr

30 Tage

1. – 5. Dienstjahr

90 Tage

ab dem 6. Dienstjahr

180 Tage

Diese gesetzliche Regelung schützt den Mitarbeitenden vor einer unerwarteten Kündigung und damit einhergehenden Verdienstausfall.


Fall 2: Krankheit

Neben Unfall verhält es sich analog bei einem Krankheitsausfall des Mitarbeitenden.

Dienstjahr

Sperrfrist bei Krankheit

1. Dienstjahr

30 Tage

1. – 5. Dienstjahr

90 Tage

ab dem 6. Dienstjahr

180 Tage

Auch hier schützt das Gesetz den Mitarbeitenden und eine Kündigung darf während der Sperrfrist seitens des Arbeitgebers nicht ausgesprochen werden.


Fall 3: Militär- / Zivildienst

Neben den Sperrfristen in Unfall- und Krankheitsfällen darf auch einem Mitarbeitenden, der gerade seinen Militär- oder Zivildienst (OR Art. 336) leistet, nicht gekündigt werden. Auch hier sieht das Gesetz eine Sperrfrist vor.

Eine Kündigung darf demnach nicht ausgesprochen werden, während:

  • des Militär- oder Zivildienstes

  • vier Wochen vor und nach dem Dienst, solange dieser mehr als elf Tage dauert.


Fall 4: Mutter- / Vaterschaftsurlaub

Das Gesetz schützt ebenso werdende Mütter. So ist eine Kündigung während der Schwangerschaft sowie in den ersten 16 Wochen nach der Geburt nicht rechtens (OR Art. 336c) und damit ungültig.

Das OR schützt im Art. 335c auch Väter vor einer Kündigung, wenn Anspruch auf Vaterschaftsurlaub besteht. Seit September 2020 haben Väter während der ersten sechs Monate nach Kindesgeburt Anspruch auf zwei Wochen Vaterschaftsurlaub.

Wenn nun also der Mitarbeitende gerade seinen Anspruch auf diese Zeit wahrnimmt, darf ihm ebenfalls keine Kündigung ausgesprochen werden. Hat der Vaterschaftsurlaub noch nicht begonnen, ist aber bereits geplant beziehungsweise der Mitarbeitender hat Anspruch darauf, wird die Kündigungsfrist um diese Zeit verlängert (OR Art. 335C).

«Die gesetzlich verankerte Kündigungsfrist ist wichtig, damit sich beide Parteien auf das Vertragsende angemessen vorbereiten können.»

Sonderfall: Fristlose Kündigung

Ein fristlose Kündigung löst die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgebenden oder durch den Mitarbeitenden ohne Einhaltung der vorgesehenen Kündigungsfrist aus.

Unter welcher Voraussetzung dies zulässig ist, welche Folgen eine ungerechtfertigte fristlose Kündigung hat und was gegen eine fristlose Kündigung unternommen werden kann, erfahren Sie im separaten Blogbeitrag.

Hier mehr über die fristlose Kündigung erfahren »

Abb.: Nach einer Kündigung sollten Mitarbeitende die zur Verfügung stehende Zeit nutzen, um eine neue Anstellung zu finden.
Abb.: Nach einer Kündigung sollten Mitarbeitende die zur Verfügung stehende Zeit nutzen, um eine neue Anstellung zu finden.

Gibt es Unterschiede zwischen Teilzeit- und Vollzeitstellen bezüglich Kündigungsfristen?

Nein. Der Beschäftigungsgrad eines Mitarbeitenden ist unabhängig von der Kündigungsfrist. Diese richtet sich nach Anstellungsverhältnis (befristet oder unbefristet) und in welchem Dienstjahr sich die Person befindet. Das bedeutet, das Gesetz macht keinen Unterschied bezüglich der Kündigungsfrist, egal, ob es sich um eine Teilzeitkraft oder Vollzeitarbeitskraft handelt.

Was geschieht mit offenen Ferientagen in der Kündigungsfrist?

Häufig passiert es, dass es zu einer Kündigung kommt und der Mitarbeitende noch über nicht genommene Ferientage verfügt. Diese müssen im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie folgt berücksichtigt werden: Wird der Vertrag gekündigt, hat der Mitarbeitende das Recht, seine Ferientage zu beziehen und somit seine noch zu leistenden Arbeitstage zu reduzieren.

Ein Beispiel: Ferienbezug trotz Kündigung

Manuela Haller kündigt auf eigenen Wunsch das Arbeitsverhältnis bei der Firma MarkteingPlus am 25. März 2024. In diesem Jahr hat sie drei ihrer insgesamt 20 verfügbaren Ferientage genommen. Da sie bereits im dritten Anstellungsjahr bei MarketingPlus beschäftigt ist, muss sie eine Kündigungsfrist von zwei Monaten einhalten.

Damit fällt ihr letzter Arbeitstag, ohne Berücksichtigung von offenen Ferientagen, auf den 31.05.2024.

Ihr anteiliger Ferienanspruch:

20 Ferientage pro Jahr / 12 Monate =1.67 Ferientage pro Monat

1.67 x 5 Monate = 8.35 Ferientage anteilsmässig für 2024 bis zum letzten Arbeitstag

8.35 Ferientage – 3 bereits bezogene Ferientage = 5.35 Ferientage


Der Resturlaub von 5.35 Tagen wird ihr angerechnet, so dass ihr letzter Arbeitstag statt auf Ende Mai bereits auf den 26.05.2024 fällt.

Datum der Kündigung

Kündigungsfrist

Ende der Kündigungsfrist

Ferienanspruch pro rata

Bereits genommene Ferientage

Ende der Arbeitspflicht (Werktag)

25. März 2024

2 Monate (3. Dienstjahr)

31. Mai 2024

8.35 Tage

3 Tage

24. Mai 2024


Der Arbeitgeber hat nicht das Recht, den Mitarbeitenden zum Bezug der verbleibenden Ferien zu zwingen. Beispielsweise im Falle einer Freistellung wird der Mitarbeitende vermutlich eine Auszahlung der verbleibenden Ferientage bevorzugen.

Der Arbeitgeber bestimmt gemäss Art. 329c Abs. 2 OR den Zeitpunkt des Ferienbezugs, hat dabei aber auf die Wünsche des Arbeitnehmendes Rücksicht zu nehmen. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer lediglich frühzeitig über den Zeitpunkt der Ferien zu informieren. Die Ferien sind grundsätzlich in natura zu beziehen und nur aufgrund wichtiger persönlicher oder betrieblicher Gründe dürfen sie am Ende eines Arbeitsverhältnisses ausbezahlt werden.

Bei einer Freistellung ist es üblich, dass je nach Dauer der Freistellung und Feriensaldo die Ferien durch die Freistellung abgegolten werden.

Ferienbezug ausrechnen

In der Regel sollten Ferien bezogen und nicht ausbezahlt werden, da sonst der Erholungsaspekt nicht wirksam wird. Im Falle einer Kündigung kann es jedoch sein, dass der Arbeitnehmende nach einer Auszahlung seiner offenen Ferientage fragt.

Den Geldwert berechnen Sie als Arbeitgeber wie folgt:

Anzahl Ferientage pro Jahr

20

Jahreslohn

CHF 80’000

Ungenutzte Ferientage

5

Arbeitstage pro Jahr

52 Wochen x 5 Tagen (bei einer 5-Tages-Woche) = 260

Geldwert für einen Ferientag

CHF 80’000 / 260 = CHF 307.70.-

Geldwert für die verbleibenden Ferientage

CHF 307.70 * 5 = CHF 1’538.50.-

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