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06. JULI 2023

Venture Capital: Der richtige Spielzug für Ihre Startup-Finanzierung?

Sie haben eine Marktlücke entdeckt und sehen die Zukunft in einer neuen Technologie? Doch Ihnen fehlt das Kapital, um mit Ihrem Business-Projekt zu starten? Die Finanzierung über Venture Capital kann eine Möglichkeit sein, Ihren Traum zu realisieren. Hierbei handelt es sich um Privatpersonen oder Gesellschaften, die mit ihrem Eigenkapital in junge und innovative Technologien investieren und im Umkehrschluss von hohen Wachstumsraten und Renditen profitieren möchten. Da dies oft mit einem hohen Risiko behaftet ist, bezeichnet man Venture Capital auch als Risikokapital oder Wagnisbeteiligung. Erfahren Sie in diesem Beitrag die wichtigsten Details zur Venture Capital Finanzierung, lernen Sie die Vor- und Nachteile kennen und wie Sie als Startup oder Gründer von dieser Finanzierungsform profitieren können.

In diesem Beitrag

Was ist Venture Capital?

Venture Capital ist Kapital, das Unternehmen bei der Gründung und in der Wachstumsphase unterstützt. Gestellt wird das Kapital von sogenannten Beteiligungsgesellschaften oder einzelnen Venture Capitalists, die mit ihrem Eigenkapital in besonders risikoreiche Firmen investieren. Mit ihrem eingesetzten Private Equity (dt. privates Beteiligungskapital) hoffen die Investoren auf schnelle und hohe Renditen.

Was ist der Unterschied zwischen Venture Capital und Business Angels?

Venture Capital und Business Angels sind gleichermassen Kapitalgeber für besonders risikoreiche Unternehmen in der Erwartung auf hohe Renditen bei erfolgreichem Wachstum.
Venture Capital Gesellschaften (VCG) sind ein Zusammenschluss mehrerer Personen beziehungsweise von Unternehmen und haben daher ein deutlich höheres Investitionsniveau als private Einzelpersonen in Form von Business Angels.

Weitere Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind in der folgenden Tabelle übersichtlich zusammengefasst.

Venture Capital

Business Angels

Anteile im Gegenzug für Kapital

✔️

✔️

Entscheidungs-/ Mitspracherecht

Abhängig von Anteilsabgabe

✔️

Risikohafte Unternehmungen (in der Frühphase)

✔️

(Meistens zu Beginn der Wachstumsphase)

✔️

(Oftmals auch noch vor der Gründung)

Geldgeber

Einzelpersonen oder Gesellschaften

Private Investoren

Investitionssumme

< CHF 250’000

i.d.R. bis ca. CHF 250’000

Investitionsumfang

Mehrere Unternehmen gleichzeitig

Je nach Budget nur in ein oder wenige Unternehmen

Mentorenfunktion

kein, bis geringerer Einfluss

✔️

Wie funktioniert Venture Capital?

Venture Capital ist eine Finanzierungsmöglichkeit und besonders für technologische und innovative Startups interessant. Finden sich Unternehmen und Venture Capitalist, werden die Rahmenbedingungen besprochen:

  • Benötigtes Kapital

  • Übertragene Anteilshöhe

  • Beteiligung neben Unternehmensanteilen zusätzlich in Form von Wissens- und Know-how-Weitergabe

  • weitere Vertragsbedingungen

Sobald der Vertrag zwischen den Parteien geschlossen wurde, fliesst das Geld vom Kapitalgeber in das Unternehmen. Dieses wird für den Aufbau oder das Wachstum eingesetzt. Das Geld, das von den Investoren dem jungen Unternehmen zur Verfügung gestellt wird, wird dann in der Regel für die Produktentwicklung, den Aufbau der Firma und Marke oder für das Wachstum (z. B. neue Markteintritte) verwendet. Im Gegenzug für das Investment erhalten die Geldgeber Anteile am Unternehmen. In der Regel ziehen sich Venture Capitalists nach rund fünf bis sieben Jahren aus dem Business zurück (Exit).

Was sind die Vor- und Nachteile von Venture Capital für Startups?

Auch wenn die Finanzierungsform Venture Capital viele Vorteile für Startups mit sich bringt, gilt dies nicht für jedes Business. Daher ist es ratsam, dass jedes Unternehmen individuell für sich prüft, ob diese Investitionsmöglichkeit geeignet ist oder nicht und sich mit den eigenen Zielen vereinbaren lässt.

Vorteil 1: Kapital

Ein entscheidender Vorteil von Venture Capital Investitionen für junge Unternehmen ist die Finanzierung. Startups, die noch in den Anfängen stecken und kein regelmässiges Einkommen generieren, benötigen für weiteres Wachstum Kapital. Dieses erhalten sie beispielsweise durch die Zusammenarbeit mit Venture Capital Gesellschaften.

Vorteil 2: Netzwerk

Einen weiteren Vorteil bringt das Netzwerk der Investoren, bzw. Venture Capitalists. Diese sind in der Regel langjährige und erfahrene Unternehmer und verfügen daher über ein gut ausgebildetes Netzwerk. So wird Jungunternehmern der Kontakt zu Geschäftspartnern, Kunden oder Experten erleichtert.

Vorteil 3: Know-how und Expertise

Wie bei der Zusammenarbeit mit Business Angels auch, können Startups auch vom Know-how und der Expertise der erfahrenen Investoren profitieren. Damit können sie das Gründerteam bei Strategieentscheidungen sowie beim Aufbau von Geschäftsbeziehungen und weiteren organisatorischen Herausforderungen unterstützen. Allerdings ist die Mentorenfunktion viel weniger stark ausgebildet, wie bei Business Angels.

Nachteil 1: Venture Capital ist kein «sicheres Pferd»

Venture Capital ist kein sicheres Pferd – damit ist gemeint, dass es nicht garantiert ist, dass eine Zusammenarbeit mit einem Venture Capitalist oder einer Venture Capital Gesellschaft (VCG) zustande kommt. Investoren suchen sich Unternehmen sehr gut aus und entsprechend herrscht ein hoher Konkurrenzkampf unter den jungen Startups. Daher sollten Unternehmen immer auch einen Plan B für die Kapitalbeschaffung haben.

Nachteil 2: Hoher Druck zu «performen»

Venture Capital wird in risikohafte Unternehmen investiert, weil sie mit einem raschen Wachstum und so mit einer hohen Rendite rechnen. Entsprechend kann dieser Druck auf die Gründer übertragen werden und sich letztlich negativ auswirken. Aus Hektik und Überforderung können schnell falsche Entscheidungen getroffen werden. Daher gilt auch bei dieser Form der Kooperation, bei seinen Zielen und Werten zu bleiben, um ein gesundes und nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen.

Nachteil 3: Abgabe der Entscheidungsmacht

Je nachdem welcher Deal mit der Beteiligungsgesellschaften geschlossen wird, kann es vorkommen, dass Unternehmen einen so hohen Prozentsatz abgeben, dass ihr alleiniges Entscheidungsrecht wegfällt. Damit erhalten die Investoren Mitspracherecht, was unter Umständen ebenfalls zu Spannungen oder Uneinigkeiten führen kann.

Abb.: Junggründer sollten gut überlegen, welche Finanzierungsform für ihr Business die beste ist.
Abb.: Junggründer sollten gut überlegen, welche Finanzierungsform für ihr Business die beste ist.

Was reizt Investoren dazu, Venture Capitalist zu werden?

Folgende Beispiele können vermögende Unternehmer reizen, als privater Kapitalgeber in Form eines Venture Capitalists am Markt aufzutreten:

  • Vermögenssteigerung durch hohe Renditen.

  • Weitergabe von Wissen und Erfahrungen.

  • Mitgestaltung von neuen Unternehmen.

  • Mitwirkung bei Innovationen.

  • Keine Hauptverantwortlichkeit für Unternehmen mehr (z. B. vor dem Rentenalter).

Welche Startups eignen sich für Venture Capital?

Wie bereits erwähnt, ist nicht für jedes Unternehmen diese Form von Kapitalinvestition die richtige. Wenn ein Unternehmen für diese Zusammenarbeit bereit ist, sollte es folgende Kriterien aufweisen:

  • Schnelle Skalierbarkeit mit hohem Wachstumspotenzial.

  • Grosses Marktpotenzial und überlegene Wettbewerbsposition.

  • Innovative Geschäftsidee (häufig aus der Technologiebranche).

  • Bereitschaft von Unternehmensgründern, u. U. Entscheidungs- / Mitspracherechte abzugeben.

  • Bedarf nicht nur an Kapital, sondern auch an Wissen und Erfahrung.

Abb.: Der entscheidende Punkt für Venture Capitalists ist die Skalierbarkeit.
Abb.: Der entscheidende Punkt für Venture Capitalists ist die Skalierbarkeit.

Welche verschiedenen Formen von Venture Capital gibt es?

Die Finanzierungsform Venture Capital kann in verschiedenen Formen auftreten. Hierbei gibt es jedoch keine klaren Grenzen und verschiedene Formen können überlappen, ineinander laufen oder anknüpfen.

1. Venture Capital Gesellschaft

Venture Capital Gesellschaften sind Finanzunternehmen, die sich auf risikoreiche Startups fokussieren. Sie beteiligen sich gleichzeitig an mehreren Firmen und erhoffen sich hohe Renditen und ein geringeres Risiko aufgrund der Vielzahl. In der Schweiz findet man diese Investoren in der Swiss Private Equity & Corporate Finance Association, SECA.

2. Venture Capitalist

Auch wenn Venture Capitalist Gesellschaften häufiger vertreten sind, gibt es auch Privatpersonen, die als Venture Capitalist auftreten. Der Unterschied zu einem Business Angel ist, dass diese weniger als Mentor und Berater tätig sind und dass sie in der Regel zu einem späteren Zeitpunkt in ein Unternehmen eintreten, als ein Business Angel.

3. Hightech Gründerfonds

Da Hightech-Innovationen, wie zum Beispiel künstliche Intelligenz, sehr hohes Marktpotenzial aufweisen, wird in diese Branche besonders gern von Venture Capitalists investiert. Hier ist beispielsweise Verve Ventures aus der Schweiz ein grosser Player und landete im Jahr 2022 sogar auf Platz zwei unter den engagiertesten Investoren Europas.

4. Venture Capital Förderbanken

Auch wenn Banken in der frühen und risikobehafteten Phase keine klassischen Kredite vergeben, bieten manche Banken Venture Capital Möglichkeiten eigens für Startups und Neugründer an. So zum Beispiel die Zürcher Kantonalbank, die bereits über 250 Startups mit mehr als 180 Millionen Schweizer Franken unterstützt hat.

5. Corporate Venture Capitalists

Diese Form der Investoren gehört zu einer Untergruppe von Venture Capitalists. Anders als diese stehen die Kapitalgeber nicht in direktem Kontakt zur Finanzbranche. Zusätzlich steht für Corporate (dt. Unternehmen) Venture Capitalists nicht die Rendite im Fokus, sondern der Zugang zu neuen Ideen und Technologien, um sich so Wettbewerbsvorteile zu sichern und um das «Window on Technology» nicht zu verpassen.

In welchen Phasen der Finanzierungsrunden ist Venture Capital zu empfehlen?

Wie bereits erwähnt, wird Venture Capital in der Regel in der Frühphase eines Unternehmens eingesetzt. Das Gründerteam ist beispielsweise noch in der Entwicklungsphase oder in den ersten Schritten der Gründung. Der Grund hierfür liegt darin, dass sich die Kapitalgeber während dieser Phase die höchsten Renditen bei Erfolg ausrechnen.

Ein Unternehmen durchläuft in der Regel folgende Phasen:

1. Vor-Gründungsphase / Seed Stage

Diese Phase findet noch vor der eigentlichen Unternehmensgründung statt. Hier können bereits erste Investoren mit Private Equity interagieren. In der Regel ist für die Firmengründung ein gewisses Kapital nötig, das Banken bei dieser hohen Unsicherheit noch nicht vergeben. Hier helfen Investoren mit Venture Capital weiter, um das Geschäftsmodell oder die Geschäftsidee überhaupt zu realisieren. Häufig ist das nachgefragte Kapital jedoch so gering, dass es von Business Angels übernommen werden kann.

Abb.: Jeder Anfang ist schwer. Noch bevor das eigentliche Business startet, sollte man alle Prozesse gut durchdenken.
Abb.: Jeder Anfang ist schwer. Noch bevor das eigentliche Business startet, sollte man alle Prozesse gut durchdenken.

2. Startup-Phase / Early Stage

Nach einer erfolgten Gründung befindet sich ein Unternehmen in der Early Stage Phase. Das bedeutet, es muss seine Position am Markt stärken, wachsen, die Produktivität erhöhen und eventuell in neue Märkte eintreten. Auch in dieser Phase ist Kapital in Form von Venture Capital hilfreich, da auch diese Phase für Banken noch ein zu hohes Risiko darstellt und deshalb häufig keinen Kredit gewähren.

3. Wachstumsphase / Growth Stage

Das Unternehmen ist nun gefestigt und gut aufgestellt. Eventuell ist bereits der Break Even erreicht und das Unternehmen kann sich voll und ganz auf das Wachstum konzentrieren. Gegen Ende der Wachstumsphase ist der Zeitpunkt erreicht, an dem Risikokapitalgeber sich aus dem Geschäft zurückziehen und ihre Anteile veräussern. Sie investieren anschliessend häufig in neue, junge Unternehmen, bei denen sie von schnellen Renditen erneut profitieren können.

4. Spätphase / Later Stage

In dieser Phase tritt in der Regel kein Venture Capitalist mehr auf. Das Gründerteam denkt darüber nach, das Unternehmen zu verkaufen. Wenn in dieser Phase für eine Weiterentwicklung Kapital benötigt wird, kann hier ein Bankenkredit in Frage kommen. Das Unternehmen hat mittlerweile seine risikohafte Phase verlassen und bringt genügend Sicherheiten für die Bank mit.

Der Weg zur Venture Capital Finanzierung: Schritte für Gründer

Vom Finden des geeigneten Venture Capital Investors bis zum Kapitalfluss muss der Gründer verschiedene Schritte durchlaufen.

Schritt 1: Entscheid zur Finanzierungsform Venture Capital

Neben Venture Capital gibt es noch weitere Finanzierungsmöglichkeiten, die sich für Startups in den Anfangsphasen des Unternehmens eignen. Diese sollten gegeneinander abgewogen werden. Anschliessend muss die Entscheidung getroffen werden, wo sie Venture Capitalists oder VC-Gesellschaften antreffen möchten.

Beispiele:

Schritt 2: Pitch des Businessmodells

Ist der Partner gefunden, muss dieser auch von der eigenen Geschäftsidee überzeugt werden. Da es sich um risikoreiche Modelle handelt, ist ein guter Pitch umso wichtiger.

Schritt 3: NGA-Vereinbarung

Hat man den passenden Partner für das Unternehmen gefunden, gilt es, ein sogenanntes Non-Disclosure-Agreement zu unterzeichnen. Damit garantieren Gründer dem Investor Einblick in Ihr Business-Modell, während sich der Kapitalgeber dazu verpflichtet, die Details geheim zu halten und nicht an Dritte weiterzugeben. Dies ist besonders bei innovativen Ideen entscheidend, da sonst der Marktvorteil genommen werden kann.

Schritt 4: Vertragsunterzeichnung & Kapitalfluss

Als letzten Schritt wird der Beteiligungsvertrag von Kapitalgeber und Gründerteam unterzeichnet und damit alle abgestimmten Bedingungen gegenseitig akzeptiert. Im Anschluss erfolgt der Kapitalfluss vom Eigenkapital des Investors.

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