Wozu dient eine Kostenrechnung?
Die Kostenrechnung, auch Kosten- und Leistungsrechnung, Kosten- und Erlösrechnung oder Betriebsergebnisrechnung, dient dazu, sämtliche im Unternehmen anfallende Kosten systematisch zu erfassen, zu analysieren und den einzelnen Produkten, Dienstleistungen oder Geschäftsbereichen zuzuordnen.
Sie hilft Unternehmen dabei, ihre Wirtschaftlichkeit zu überprüfen, Kostentreiber zu identifizieren und fundierte Entscheidungen zu treffen. Denn durch die Kostenrechnung erhält man einen genauen Überblick darüber, in welchen Bereichen welche Kosten angefallen sind.
Somit dient die Kostenrechnung ausschliesslich dem internen, betrieblichen Rechnungswesen und ist nicht für externe Personen gedacht.
Konkret dient die Kostenrechnung der
- Preiskalkulation: Unternehmen können anhand der Kostenrechnung die Selbstkosten ihrer Produkte und Dienstleistungen berechnen und so wettbewerbsfähige Preise festlegen.
- Ermittlung der Rentabilität: Durch die Zuordnung der Kosten zu bestimmten Bereichen kann analysiert werden, welche Produkte oder Dienstleistungen profitabel sind und ob die Herstellung mancher Produkte vielleicht nicht mehr sinnvoll ist.
- Wirtschaftlichkeitskontrolle: Ein Soll-Ist-Vergleich ist möglich, also ein Vergleich der geplanten (Soll) mit den tatsächlich angefallenen (Ist) Kosten. Werden Abweichungen erkannt, kann dem anhand einer effizienten Steuerung der Finanzen entgegengewirkt werden.
- Erkennung von Einsparmöglichkeiten: Einsparpotenziale können gezielt identifiziert und Prozesse in der Folge wirtschaftlicher gestaltet werden.
- Entscheidungsfindung: Die Kostenrechnung liefert wertvolle Informationen für strategische Unternehmensentscheidungen. Durch die genaue Zuordnung aller Kosten zu den Kostenträgern wird sichtbar, auf welche Produkte oder Dienstleistungen sich das Unternehmen in Zukunft fokussieren sollte.
Welches sind die drei Stufen einer Kostenrechnung?
Die Kostenrechnung ist in drei Stufen gegliedert, die sie nacheinander durchläuft: Kostenarten (gliedern die Gesamtkosten nach spezifischen Kategorien), Kostenstellen (erfassen die Kosten an den Orten im Unternehmen, an denen sie entstehen) und Kostenträger (weisen die Kosten den Produkten oder Dienstleistungen zu, die sie «tragen»).
Diese drei Stufen beantworten unterschiedliche Fragen und ermöglichen Unternehmen so eine umfassende Kostenkontrolle.
1. Kostenartenrechnung
Welche Kosten sind angefallen?
In dieser ersten Stufe werden im Rahmen der Kostenartenrechnung alle während eines gewissen Zeitraums im Unternehmen angefallenen Kosten systematisch in ihrer Höhe erfasst, bestimmt und in verschiedene Kategorien unterteilt.
Wichtig ist zu beachten, dass die Kosten in diesem ersten Schritt noch nicht konkreten Abteilungen, Produkten oder Dienstleistungen zugeordnet werden. Stattdessen dient die Kostenartenrechnung lediglich dazu, die angefallenen Kosten zu erfassen und übersichtlich darzustellen.
Für die übersichtliche Darstellung werden die Kostenarten in verschiedene Kategorien unterteilt. Jedes Unternehmen kann selbst bestimmen, anhand welcher Gliederungsfaktoren es die Kosten erfasst. Wichtig ist aber, dass alle Kostenarten eindeutig definiert werden, jeder Kostenbetrag nur einer einzigen Kostenart zugeordnet wird und dass kein Betrag übrig bleibt.
Typische Unterteilungen sind Folgende:
Gliederung der Kostenarten nach Zurechenbarkeit:
- Einzelkosten (können direkt einem einzelnen Kostenträger zugeordnet werden)
- Gemeinkosten (können nicht direkt einem Kostenträger zugeordnet werden)
Gliederung der Kostenarten nach Produktionsfaktoren:
- Materialkosten
- Personalkosten
- Raumkosten
- Dienstleistungskosten
- Steuern
- etc.
Gliederung der Kostenarten nach betrieblichen Funktionen:
- Beschaffungskosten
- Verwaltungskosten
- Fertigungskosten
- Vertriebskosten
- Forschungs- und Entwicklungskosten
- Steuerkosten
- Materialkosten
- etc.
Gliederung nach Herkunft der Kostengüter:
- Primärkosten (entstehen für unternehmensexterne Leistungen)
- Sekundärkosten (entstehen für unternehmensinterne Leistungen)
Gliederung nach Abhängigkeit von der Bezugsgrösse:
Ziel ist es, in diesem ersten Schritt einen vollständigen Überblick über die Kostenstruktur zu erhalten. Die Ergebnisse aus der Kostenartenrechnung bilden die Grundlage für die beiden weiteren Schritte, die Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung.
2. Kostenstellenrechnung
Wo sind die Kosten angefallen?
Im zweiten Schritt der Kostenrechnung wird analysiert, wo die in der Kostenartenrechnung erfassten Kosten entstanden sind. Dazu erfolgt eine verursachungsgerechte Zuordnung zu Kostenstellen. Dabei handelt es sich um einzelne Unternehmensbereiche (Kostenstellen) wie Produktion, Verwaltung oder Vertrieb. Ziel ist es, die Kosten möglichst genau ihrem Entstehungsort zuzuweisen, um eine gezielte Kontrolle und Optimierung zu ermöglichen.
Die Verteilung der Kosten auf die Kostenstellen erfolgt mithilfe eines Betriebsabrechnungsbogens (BAB). Dabei werden die Kosten anhand geeigneter Bezugsgrössen umgerechnet und anteilig verteilt, zum Beispiel:
- Quadratmeter für Mietkosten
- kWh für Stromkosten
- Anzahl der Mitarbeitenden für Lohn- und Gehaltskosten
- Arbeitsstunden für Hilfskosten
Basierend auf diesen Zuordnungen werden Gemeinkostenzuschlagssätze berechnet, die eine spätere Verrechnung der Kosten auf die Kostenträger ermöglichen.
Auch die Kostenstellen kann das Unternehmen selbst festlegen. Häufige Unterteilungen sind Folgende:
Verteilung auf Kostenstellen nach Funktionen:
- Vertrieb
- Verwaltung
- Fertigung
- Forschung und Entwicklung
- Material
- etc.
Verteilung auf Kostenstellen nach Abteilungen:
- Personalabteilung
- Controlling
- Finanzbuchhaltung
- Marketing
- etc.
Verteilung auf Kostenstellen nach Räumlichkeiten:
- Filialen
- Büros
- Standorte
- etc.
Die Aufteilung auf Kostenstellen hilft, Kostenverursacher zu identifizieren und ermöglicht eine gezielte Kontrolle und Optimierung innerhalb des Unternehmens. Schliesslich kann so leicht erkannt werden, in welchen Bereichen Gewinn und in welchen Bereichen Verluste gemacht werden.
3. Kostenträgerrechnung
Wofür sind die Kosten angefallen?
In dieser letzten Stufe der Kostenrechnung werden die Kosten den Kostenträgern, also den konkreten Produkten oder Dienstleistungen zugewiesen, um deren Selbstkosten zu berechnen.
Dazu werden die Einzelkosten aus der Kostenartenrechnung mit den Gemeinkosten aus der Kostenstellenrechnung zusammengeführt, indem sämtliche in der betrachteten Periode angefallenen Kosten den jeweiligen Kostenträgern zugeteilt werden.
In der Folge erhält man die Selbstkosten der Kostenträger, also alle Kosten, die in Bezug auf eine Dienstleistung oder ein Produkt entstehen. Das bedeutet, dass zu den Selbstkosten eines Produktes nicht nur die Herstellungs- und Materialkosten zählen, sondern beispielsweise auch die Verwaltungs- und Vertriebskosten.
Das Ziel der Kostenträgerrechnung ist es, die Kosten auf ein Produkt oder eine Dienstleistung herunterzubrechen. Durch die Kostenträgerrechnung erhält das Unternehmen somit die Gesamtkosten eines Produkts, einer Dienstleistung oder eines Auftrags. Somit dient die Kostenträgerrechnung der Preisfindung, der Rentabilitätsanalyse und der strategischen Steuerung des Unternehmens.
Auch bei der Definition von Kostenträgern sind Unternehmen frei. Typische Kostenträgerunterteilungen sind die Folgenden:
Unterteilung der Kostenträger nach Produkten:
- Produkt A
- Produkt B
- Produkt C
- etc.
Unterteilung der Kostenträger nach Aufträgen:
- Auftrag A
- Auftrag B
- Auftrag C
- etc.
Unterteilung der Kostenträger nach Dienstleistungen:
- Lieferung
- Montage
- Reparatur
- Wartung
- etc.
Nach erfolgreicher Zuteilung zu den Kostenträgern wird die Betriebsergebnisrechnung durchgeführt. Hierbei findet ein Soll-Ist-Vergleich statt – es werden also die tatsächlichen Kosten (Ist) mit den Kosten, die zuvor veranschlagt wurden (Soll), verglichen.
Beispiel Kostenrechnung
Die Firma FreshBite GmbH verkauft frisch belegte Sandwiches und gesunde Smoothies. Um Einblicke in die Profitabilität und wichtige Erkenntnisse für die Preisgestaltung zu erhalten, erstellt das Unternehmen eine Kostenrechnung.
1. Kostenartenrechnung
Zunächst erfasst FreshBite alle während eines Monats angefallenen Kosten und ordnet sie den entsprechenden Kostenarten zu:
Materialkosten:
Für die Produktion der Sandwiches und Smoothies werden verschiedene Rohstoffe benötigt:
Material | Kosten |
Brot | CHF 1‘800 |
Käse | CHF 1‘400 |
Salat | CHF 800 |
Tomaten | CHF 600 |
Hähnchen | CHF 2‘200 |
Früchte | CHF 2‘100 |
Joghurt | CHF 1‘000 |
Saft | CHF 900 |
Gesamt | CHF 10‘800 |
Personalkosten:
FreshBite beschäftigt folgende Mitarbeitende:
Gesamte Personalkosten: CHF 16‘000
Raum- und Dienstleistungskosten:
- Miete für die Produktionsküche und das Geschäftslokal: CHF 6‘500
- Strom und Wasser: CHF 2‘200
- Marketingkosten: CHF 3’000
- Sonstige Dienstleistungen (Buchhaltung, Reinigung): CHF 1‘800
Abschreibungen & Wagniskosten:
- Abschreibungen auf Maschinen & Küchengeräte: CHF 2’000
- Wagniskosten (Verdorbene Ware & Schwund): CHF 1’200
Gesamtkosten des Monats: CHF 43’500
2. Kostenstellenrechnung
Nachdem alle Kosten erfasst wurden, werden sie den verschiedenen Unternehmensbereichen zugeordnet:
Kostenstelle | Kosten |
Materiallager | CHF 10‘800 |
Produktion | CHF 9‘500 |
Vertrieb | CHF 6‘000 |
Verwaltung | CHF 2‘500 |
Marketing | CHF 3‘000 |
Miete & Nebenkosten | CHF 8‘700 |
Gesamt | CHF 43‘500 |
Diese Verteilung zeigt, wo die meisten Kosten anfallen – FreshBite erkennt, dass die Rohstoffkosten ein zentraler Faktor sind und könnte beispielsweise nach günstigeren Lieferanten suchen.
3. Kostenträgerrechnung
Nun wird berechnet, wie hoch die Kosten pro verkauftem Produkt sind. Im Monat wurden 3‘000 Sandwiches und 2‘000 Smoothies verkauft. Die Kosten müssen nun auf die beiden Produktgruppen verteilt werden.
Materialkosten pro Einheit:
Hierzu muss zunächst bestimmt werden, wie hoch die Materialkosten für die Herstellung sämtlicher Sandwiches und wie hoch die Materialkosten für alle Smoothies im Monat waren.
- Sandwiches: CHF 6‘800 / 3’000 Stück = CHF 2.27 pro Sandwich
- Smoothies: CHF 4‘000 / 2’000 Stück = CHF 2.00 pro Smoothie
Fertigungskosten pro Einheit:
Die Küchenlöhne von CHF 7‘500 werden anhand der Zubereitungszeit verteilt:
- Sandwiches (70 % der Arbeit): CHF 5‘250 / 3’000 = CHF 1.75 pro Sandwich
- Smoothies (30 % der Arbeit): CHF 2‘250 / 2’000 = CHF 1.13 pro Smoothie
Gemeinkosten pro Einheit:
Die Verwaltung, Miete und sonstigen Kosten von CHF 18‘200 werden anteilig auf die Gesamtzahl der verkauften Produkte verteilt:
CHF 18‘200 / 5’000 Stück = CHF 3.64 pro Sandwich und Smoothie
Gesamtkosten pro Einheit:
Produkt | Material | Fertigung | Gemeinkosten | Gesamtkosten |
Sandwich | CHF 2.27 | CHF 1.75 | CHF 3.64 | CHF 7.66 |
Smoothie | CHF 2.00 | CHF 1.13 | CHF 3.64 | CHF 6.77 |
Basierend auf diesen Berechnungen kann FreshBite nun Preise festlegen, die nicht nur die Kosten decken, sondern auch Gewinn ermöglichen. Beispielsweise könnte ein Sandwich für CHF 10 und ein Smoothie für CHF 8 verkauft werden, um eine gesunde Marge zu erzielen.
Was tun mit den Ergebnissen der Kostenrechnung?
Die Ergebnisse der Kostenrechnung liefern wertvolle Einblicke in die finanzielle Struktur Ihres Unternehmens. Sie können sie nutzen, um Kostentreiber zu identifizieren, Budgets gezielt zu optimieren und fundierte Geschäftsentscheidungen zu treffen.
Durch eine detaillierte Analyse können Sie Ihre Preisgestaltung anpassen, Einsparpotenziale erkennen und die Rentabilität Ihrer Produkte oder Dienstleistungen steigern. Zudem ermöglichen die gewonnenen Daten eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit einzelner Abteilungen, Produkte oder Projekte, sodass Sie Massnahmen zur Effizienzsteigerung ableiten und den Erfolg Ihres Unternehmens langfristig steigern können.
Damit Ihre Kostenrechnung einen echten Mehrwert für Ihr Unternehmen schafft, sollte sie regelmässig durchgeführt werden. So können Sie überprüfen, ob die nach der letzten Analyse getroffenen Massnahmen die gewünschten Effekte erzielt haben. Ein Soll-Ist-Vergleich liefert Hinweise darauf, inwieweit Ihre Planung mit der tatsächlichen Entwicklung übereinstimmt und wo Anpassungen erforderlich sind. Dadurch können Sie Abweichungen frühzeitig erkennen, gezielt gegensteuern und Ihre Kosten langfristig optimieren.